Freitag, 15. Juni 2012

die will doch nur spielen...

"Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold", so steht es im GG, Artikel 22, Absatz 2, und nirgendwo sonst als im Fußball spielt die Trikolore so flächendeckend eine viel zu selten diskutierte Rolle mit. Nun steht nicht im Grundgesetz, dass spätestens alle zwei Jahre zu den Fußballmeisterschaften das ganze Land gezwungen ist, schwarz-rot-gold zu tragen und zu fahren. Doch scheint es, als müsse die Ermahnung nationaler Gehorsamkeit nicht explizit im Gesetzestext stehen, denn die Identifikationsangebote wurden längst von der Nahrungsmittel und Kleidungsindustrie, von Kosmetika und Restaurantketten übernommen:
in Deutschland hat die Bundesflagge eine eigentümliche Kraft zurückgewonnen und ist in einem Fußballsommer zu dem vielleicht populärsten Bild der Straßen und Supermärkte geworden.
Schade, dass Olli Kahn und Mehmet Scholz, die beiden so konträren Experten des Öffentlichen Fernsehens, nicht Teil eines Theaterstücks sind, in dem die Flagge diskutiert werden kann. Schade, dass die Flagge kein Spiel ist. Schwarz, rot, gold, das sind Krieg und Blut.
Mir ist es immer wieder ein Rätsel, wie die Flagge sich in das Fußballspiel eingeschlichen hat - nicht hinter dem Rücken der Ordnerinnen und Ordner, sondern vor ihren Augen, in aller Öffentlichkeit, als Zuckerstreusel auf den Deutschlandküssen, als Make up, als Toilettenpapier und als Bettwäsche. Wer zu Produkten in schwarz-rot-goldener Sonderedition kauft, der bekommt die patriotische, nationalistische Identifikation gratis dazu. Wenn Frauen, die sich die Wange schwarz-rot-gold bemalen und Männer, die Armbänder in schwarz-rot-gold tragen darauf hinweisen, dass "sei doch nur ein Spiel", dann hat die Indoktrination erfolgreich funktioniert.
Für mich übrigens ist ein schwarz-rot-goldener Aufkleber eine echte Hilfestellung bei der Nichtkauf-Entscheidung. Die Grüne Jugend hingegen bietet in ihrem Internetshop seit Jahren den Aufkleber "Patriotismus - nein danke" an. Das ist jetzt eine Kaufempfehlung!

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