Sonntag, 7. März 2010

die Welt empfangen

Mit Bestenlisten ist das so eine Sache: da kommt ein(e) Literatur-Interessentin/ Interessent in eine Buchhandlung (ob virtuell oder real spielt keine Rolle), sucht Inspiration für ihre/seine Kaufentscheidung, die im Besten Falle dazu führt, dass dieser Roman oder Thriller, diese Biografie oder Geschichte auch gelesen wird ... und trifft auf Bestenlisten. Manche Buchhandlungen verwenden heute in ihren Regalen ein Ordnungssystem der Bestseller, welches nicht transparent macht, nach welchen Kritikerien hier sortiert wurde. Nicht wenige greifen einfach auf Fremdlisten zurück, und machen beispielsweise die Spiegel-Bestseller zu ihrer eigenen. Den freuts, und tatsächlich hat das Magazin nach eigener Aussage "die Bestsellerlisten zuerst 1961 veröffentlicht und sie in Deutschland bekannt gemacht". Es geht also um das Verkaufen, um das Beste sellen, oder, um es mit den Worten des Spiegels zu sagen:
"Die elektronische Abfrage garantiert ein sehr genaues Bild des effektiven Marktgeschehens und spiegelt die Abverkäufe im Buchhandel mit einem Zeitabstand von nur wenigen Verkaufstagen."
Doch wollen Leserinnen und Leser eigentlich immer die Bücher, die am meisten verkauft wurden? Wie hoch ist hier der persönliche Mehrgewinn? Und welche Auswirkungen hat es, wenn eine noch unentschlossene Kundin in der Buchhandlung mit der Bestenliste konfrontriert zu "Frau-Deutsch/Deutsch-Frau" greift oder ein unentschlossener Kunde nun gefragt wird, "Warum Männer immer Sex wollen und Frauen von der Liebe träumen"?
Eine alternative Bestenliste ist der "Weltempfänger" - schon die Selbstbeschreibung der Liste macht Neugierig auf ein überraschend Anderes auf dem deutschsprachigen Buchmarkt:
"Unbekannte Stimmen hörbar zu machen und Nebenwege durch die Überfülle der Neuerscheinungen zu erschließen, hat sich „Weltempfänger“ zur Aufgabe gesetzt. Auf der Grundlage der Arbeit der Litprom (Gesellschaft zur Förderung von Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e. V.) nimmt diese alternative Bestenliste all jenes wahr, was nicht im eigenen Garten wächst und geläufig ist."
Dass jenseits der Metropolen Entstandene darf dabei aber nicht in einem Raum des Otherings verharren. Zu Recht macht der Vorsitzende der Weltempfänger-Jury, der Schriftsteller Ilja Trojanow, darauf aufmerksam, dass kulturelle Innovation oft in den Peripherien entstehe. Diese Liste ist etwas für Menschen, die den ästhetischen Zug in die Zukunft nicht verpassen wollen!

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