Samstag, 2. Mai 2009

(span./ital. Nest)


Nido- das "Familienmagazin für junge, moderne Eltern kleiner Kinder" ist jüngst als weiterer Stern-Ableger auf dem deutschen Printmedienmarkt erschienen, aber die Chance eines innovativen und angmessenen, den heutigen Eltern-schaften gerecht-werdenden Umgangs mit sowohl Konstrukt als auch Realität von Familie ist nicht genutzt worden. Schade. Aber vielleicht liess der Titel bereits erahnen, dass es bei Nido (span./ital. Nest) mehr um die geborgene Häuslichkeit denn um postmoderne Lebenswelten in all ihrer Pluralität und Fragwürdigkeit gehen würde. Das Titelbild der ersten Auflage offenbart schon das ganze Problem: vor weißem, sauberem Hintergrund (wessen elterliches T-Shirt bleibt beim Leben mit Kindern eigentlich weiß?) drei Menschen. Die diskurserfahrene Betrachterin ahnt sofort: dies ist also eine Familie. Mit Mutter. Mit Vater. Mit Kind. Mutter Weiß. Vater Weiß. Kind Weiß. Und als wäre die verfehlte Repräsentation (die vielleicht eine versteckte Konstruktion ist) noch nicht genug: Mutter Blond. Vater Blond. Kind Blond. Sieht so Deutschland aus? Im Heftinneren dann eine Fotoreportage über die Kinder dieser Welt und ihre Spielsachen. Damit wird eine Nicht-Realität von Migrationserleben in Deutschland manifestiert. Jedes Kind nimmt Positur ein vor dem eigenen Spielzeug, und auch hier sehen wir ein blondes, Weißes Mädchen aus Deutschland (rosa Puppen, ist klar), der südafrikanische Junge Nelson mit Autos, Amelie aus Russland spielt mit einem lila Luftballon, und Simul aus Bangladesh... ach, ach.
Nido erkennt nach eigenem Bekunden eine neue Lebenshaltung bei diesen Eltern; Kinder haben "müsse nicht bedeuten, den ursprünglichen Humor, das Interesse an Mode, Popkultur und Gesellschaftspolitik, Karriere und geschmackvolles Wohnen gänzlich aufzugeben." Blöd nur, dass der Hauptbeitrag in der ersten Aufgabe mit dem Satz "Ich will wieder arbeiten" angekündigt wird. Wer dieses Ich ist? Nun, das bleibt leider nicht im Ermessen der Leserin/des Lesers- zu nahestehend sind Titel und Frau/Mutter auf dem Cover, als dass da keine Äquivalenz herzustellen ist. Der Chefredakteur Timm Klotzek will "junge, gebildete und kaufkräftige Eltern, die mit Kindern im Vorschulalter im großstädtischen Umfeld leben, über ihr Lebensgefühl ansprechen". Das dumme an der ganzen Idee ist aber, dass die Homogenität der von Nido initiierten und inszenierten (Hochglanz!-) Familie im akademischen, urbanen Umfeld schon längst eine Heterogenität von Lebensentwürfen lebt, die zwar der Postmoderne, nicht aber dem Magazin gerecht wird.
Wirklich lesenswert finde ich nur die Blattkritik, weil hier deutlich wird, dass Eltern sich nicht alles gefallen lassen! Die Prognose im Forum: das Magazin wird alsbald wieder eingestellt werden. Mein Lieblingskommentar: "Mama hat nur ein Höschen an. Damit erschließt ihr auch die männlichen Singlehaushalte."

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