Donnerstag, 29. Oktober 2009

Komplexitätsreduktion

Ein gutes aber fragwürdiges Beispiel von Komplexitätsreduktion ist die Werbung von National Geographic, die sich selbst als "Das Fenster zur Welt) sehen möchten:
6.750.000.000 Menschen
5.200 Völker
193 Länder
1 Newsletter!
Aber was passiert mit den alternativen Lesarten, wenn komplexe Systeme versimplifiziert werden?

Mittwoch, 28. Oktober 2009

formulierend

Fundstück im Spiegel:
"Gesamtdeutsche mit sozialistischem Migrationshintergrund"

Karibischer Schatz

Heute habe ich mir für 1,90 Euro einen Karibischen Schatz gekauft. Alternativ hätte ich auch das Funkeln Madagaskars, einen Juwel von Afrika, eine Karibische Nacht, das Kolumbus Gold oder das Herz Madagaskars käuflich erwerben können. All dies sind Träume Afrikas oder Gärten Indiens, die der Lebensmittelkonzern rewe in seiner neuen Eigenmarke "feine Welt" auf den Markt geschleudert hat. Die Billiglinie firmiert unter dem Motto "Kontinente entdecken" und suggeriert, dass "REWE Experten überall auf der Welt erlesene Spezialitäten und außergewöhnliche Geschmacksvariatonen ausfindig gemacht" haben. Wichtigste Verkaufsargumente der Expedition Genuss sind, dass jedes Produkt "eine faszinierende Geschichte und eine unverwechselbare Herkunft" haben. Hier wurde also nicht in Bielefeld oder Bonn, Ostheim vor der Rhön oder Singen entwickelt und designt, nein, hier wurde auf Expedition gegangen! Auch wenn Olivenöl aus der Toskana oder Bluorangen aus Sizilien dabei sind, ist das eigentliche Konzept die fernere Fremde, stammen doch alle Produkte "aus fernen Ländern". Dieser Prozess der Erkundung wird nicht mehr kolonialsprachlich nachempfunden, sondern mit dem Neologismus "Genuss-Scout" beschönigt. Interaktiv werden Besucherinnen und Besucher der homepage aufgefordert, die Scouts auf ihrer Reise zu begleiten. Auf einer goldenen Weltkarte darf dann Kolumbus gespielt werden. Und wir erfahren auch den Spitznamen der "Genuss-Souts": sie sind "Missionare des feinen Geschmacks". Doch kann das Projekt hier wirklich verstanden werden als eine Art "Re-Mission"- weil es das Gute und Wahre zurück bringt nach Europa? Oder geht es nicht auch hier um die Ausbeutung der Ware Authentizität und Originalität?
Abschließend beschleicht mich der Verdacht, dass irgendjemand in der Verpackungsdesign - Abteilung mal ein postkoloniales Seminar besucht haben muss. Warum sonst würde auf meiner Tafel Schokolade stehen: "Dem dunklen Rausch eines Karibischen Schatzes erliegt man ohne schlechtes Gewissen."

Verwertung

Felix Magath zur Schalker Finanzlage: "fast alles, was wir haben, können wir auch noch verkaufen... wir haben ja auch noch ein Stadion, das verwertet werden kann... es ist ja nicht so, als ob wir nichts mehr hätten.."

Sonntag, 25. Oktober 2009

Endstation der Sehnsüchte


Das neue Projekt der Filmemacherin Sung-Hyung Cho ist wieder ein Heimatfilm. Mein heimatliches Gefühl sagt mir, dass es noch besser wird als das Full Metal Village- also: "Endstation der Sehnsüchte- Ein deutsches Dorf in Südkorea" auf jeden Fall ansehen! Die auf dem Kinoplakat suggerierte Konfrontation zwischen einem stoischen Gartenzwerg hier und gelassenen Buddah dort wird mit Sicherheit von der feinen Ironie der Filmemacherin, die eine grandiose Beobachterin ist, aufgefangen.

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Überbietende Wortneuschöpfungen

Welcher Neologismus ist eigentlich blöder: Shoemanic oder Schwedigkeiten?

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Hinweis(s) auf Schwarz

Die nofreteten haben auch nach eingehender Beratung mit den Machern von clubsessel.net leider keinen Weg einer äquvivalenten Antwort auf das neue Projekt von Günther Wallraff gefunden.

Was klug macht.

Ach, wie wohltuend ist es, wenn Redakteure, die die Pressemitteleilungen zusammenfassen, auch mal was von Orientalismus-Kritik verstehen. So jüngst entdeckt in "Der Standart":
Diesmal reicht er von Mali bis Japan, der Orient, jener ungreifbare Raum, der laut dem palistensisch-amerikanischen Kulturtheoretiker Edward Said nur als Produkt westlicher Fantasie existiert. Das Festival Salam Orient hebt unverdrossen neuerlich an, klingende Brücken in jenes imaginäre Terrain zu bauen.
So macht Zeitungslesen Spaß! Es müssen ja nicht immer Fachartikel oder Monografien sein, die klug machen.

Dienstag, 20. Oktober 2009

nofreteten 20


Das Magazin designspotter schreibt über die Nefertiti Lounge des deutschen Architekten Daniel Dendra: "The sleek and feminine lines are inspired by the iconic bust of Queen NEFERTITI of Egypt". Nofretete als Inspiration für Möbel!

Montag, 19. Oktober 2009

Länger

Meine Milch ist neuerdings länger haltbar.
Mein Waschmittel sorgt dafür, dass die Wäsche länger frisch ist.
Und nun kommt eine Studie auch noch zu dem Ergebnis, dass Männer länger leben, je intelligenter ihre Partnerin ist.
Lang, länger, am längsten.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Sex and das Dorf

[10:07:50] Freundin 1: Ich fand uns ganz schon "Sex and the City" gestern
[10:07:59] Freundin 2: Sex and das Dorf wohl eher aber naja
[10:08:23] Freundin 1: die treffen sich ja auch jeden Mittag zum "Lunch"
[10:08:45] Freundin 1: und reden dann über Sex
[10:09:13] Freundin 1: und Sushi ist ja irgendwie auch Manhattan
[10:09:35] Freundin 2: und vorher waren sie Shoppen
[10:12:54] Freundin 1: Samantha hat auch imemr frauengeschichten
[10:22:07] Freundin 1: Ist halt hier auch wieder die große Frage, ob das feministisch ist oder nicht.
[10:22:32] Freundin 1: Für beide Seiten gibt es sehr gute Argumente, deshalb keine Antwort.

Samstag, 17. Oktober 2009

a. herumschwebend

Balea, Nivea, Isana, Florena, Weleda, Wella, Cadeavera, Rilanja, Natura, Schauma, Alterra... was machen eigentlich all die frei herumschwebenden Buchstaben "a", wenn ich nicht im Badezimmer bin?

Freitag, 16. Oktober 2009

Klaviatur

"Als Junge hätte er sich bei Klavierkonzerten mit dem Pianisten identifiziert, als Fünfundzwanzigjähriger mit Beethoven und seit geraumer Zeit vergleiche er sich mit dem Klavier." (Sten Nadolny, Netzkarte)

Beef - Maskulinitäten 2

Auch der Spiegel kritisiert neue Männermagazine wie "Beef!", "Business Punk" oder "Gala Men" und befürchtet, dass es in freier Wildbahn zur Kopie dieser Männlichkeiten kommen könnte:
"Gleich mit drei neuen Magazinen erkundet Gruner + Jahr eine neue Männlichkeit. Fazit nach der Lektüre: Hoffentlich laufen die in den Heften herbeiphantasierten Kerle nirgendwo frei herum."
Ich gebe Entwarnung: Beef! konstruiert eine Kopie ohne Original!

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Beef - Maskulinitäten

"Kann man eine Frau ins Bett kochen?" fragt das neue Magazin für Männer mit Geschmack- BEEF!, das heute auf den niemals satten Markt der Zeitschriften kommt. Und schon auf dem Cover erfährt der Leser (generisches Maskulinum ist hier wohl angebracht) drei Antworten:
1. Natürlich kann man
2. Das richtige Rezept
3. Die größten Pazzer
Nicht nur der Titel ist also geschmacklos, auch die inhaltlichen Schlagzeilen versprechen eher eine Rückkehr zu einem vergangenen Männerbild denn eine postmoderne Auseinandersetzungen mit Diskursen neuer Maskulinitäten. Solch archaische Titel können vielleicht ein spannender Text für Universitätsseminare oder Poetry Slams sein.. aber den Mann möchte ich mal kennen lernen, der 9,80 Euro für Beef! ausgibt!

nofreteten 19

Der Indiana Jones des Postkolonialen Ägyptens, Zahi Hawass, stellt in einem Interview mit dem Tagesspiegel klar: "Wir sind keine Jäger des verlorenen Schatzes." Und tatsächlich klingt das alles sehr vernünftig, was der Chef der Antikenbehörde Ägyptens erzählt:
"Ich habe die Deutschen gefragt, uns die Nofretete in fünf Jahren zur Eröffnung unseres neuen großen Museums in Giza auszuleihen. Von den Verantwortlichen in Berlin habe ich keine entgegenkommende Antwort erhalten. Stattdessen hieß es, die Büste dürfe nicht reisen, sie sei zu fragil. Inzwischen wurde die Büste jedoch zu anderen Plätzen bewegt(...) Wenn wir die Nofretete als Leihgabe bekommen, werden wir sie auch zurückgeben."
Jetzt sind die Verantwortlichen des Neuen Museums Berlin am Zuge, würde ich sagen...

Mittwoch, 14. Oktober 2009

food hotel


Zu einer Zeit, in der die etwas sperrigen Center-Parcs der 1980er längst der Vergangenheit angehören und in denen selbst die Erlebnisgastronomien in den Erlebnislandschaften der Shopping-Boulevards irgendwie schon langweilig (weil ordinär) geworden sind, ist die Eröffnung des ersten Supermarkt-Food-Hotels doch nur konsequent. In Neuwied kann künftig zwischen Einkaufswagen und Kassenanlage übernachtet werden. Nicht mehr das Fremde und Exotische wird versprochen, sondern die allseits vertraute Umgebung eines Supermarktes garantiert, dass sich der Gast hier inmitten der Markenpalettem ganz wie zu Hause fühlen kann.

Sonntag, 11. Oktober 2009

Convenience

Die Meldung: In Deutschland wird immer häufiger zu vorgekochtem Convenience-Essen gegriffen.
Der Kommentar: "Die vorverarbeiteten Speisen passen in eine Gesellschaft mit immer mehr Single-Haushalten und vielen berufstätigen Frauen" (Süddeutsche Zeitung)
Meine Meinung: Der Diskurs über die vorverarbeiteten Speisen passen in eine Gesellschaft, die anhand von Nahrungsmitteln und ihrer Zubereitung einen versteckten und antifeministischen Kampf gegen Werteabfall und sog. Unterschichten führt. Hier wird dem Mann als alleiniger Ernährer und der Frau als Hausfrau/Mutter hinterhergetrauert!

Samstag, 10. Oktober 2009

Hormone

Bertelsmann ein Matriarchat? Ägypten eine Hebamme? Geht da gerade ein wenig Östrogen mit den Journalisten durch?

Freitag, 9. Oktober 2009

Still Still

Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?
Laktationsberaterin!

Mittwoch, 7. Oktober 2009

nofreteten 18

Die Audioführung des Neuen Museums Berlin über die dort ausgestellte Büste der Nofretete ist hörenswert. Leise Flöten (?)-Musik im Hintergrund und eine ruhige, klare Frauenstimme lassen Stimmung aufkommen. Historisch wird über Funddatum und Fundort referiert, und es heißt:
"Die Nofretete-Büste ist keineswegs der makellose, ewig jugendliche Star, sondern zeigt durch die Falten unter den Augen und die nach unten weisenden Mundwinkel die individuellen Züge einer reifen, lebensklugen Frau."
Kommt das irgendwie bekannt vor? Allegra macht mich darauf aufmerksam, dass es in Berlin mindestens noch eine andere Frau mit nach unten weisenden Mundwinkeln gibt.. Zufall?

Samstag, 3. Oktober 2009

nofreteten 17


Der Swimmingpool des Nefertiti Beach Hotel im ägyptischen Hurghada.

Karten für Obama

Die NATIONAL GEOGRAPHIC hat eine eigentümliche Tradition: seit Roosevelt, F., schenkt sie jedem Präsidenten eine Weltkarte. Auch Obama hat nun jüngst sein Geschenk überreicht bekommen: eine "antike" Kartierung. Die Botschaft, die dahinter stehen mag, kann ich nur erahnen, aber der Verdacht liegt nahe, dass es ein ur-amerikanisches Interesse gibt, die Welt in den Grenzen von Vorgestern zu bewahren. Dass auch das Denken von Organisationen wie National Geographic etwas von Vorgestern ist, zeigt der Hinweis, "Obama, das erste amerikanische Staatsoberhaupt mit internationalem Hintergrund". Das ist ebenso falsch wie absurd, führt aber gut vor Augen, wie schwer es fällt, postkoloniales Denken zu institutionalisieren. Darüber hinaus muss auf den diskursiven Umgang mit Karten verwiesen werden- auch wenn National Geographic davon auszugehen scheint, dass es sich bei Kartenmaterial um neutrales Material handelt:
"Seit Franklin D. Roosevelt im Zweiten Weltkrieg wurden alle Präsidenten mit einem Kartenschrank bedacht. Roosevelt und der englische Premierminister Winston Churchill planten mit NATIONAL GEOGRAPHIC-Karten die Strategie der Alliierten, Roosevelt entwickelte damit seine Vorstellung von der Teilung Deutschlands."
Bleibt nur zu hoffen, dass Obama nicht seine künftige Politik auf den Vorstellungwelten der antiken Karten aufbaut.

Freitag, 2. Oktober 2009

Seehotel

Da wundert sich der Spiegel, wie ein Unternehmer im brandenburgischen Großräschen ein edles ****Seehotel bauen lies, obwohl gar kein See vor der Tür ist. Mich wundert das nicht, ist es doch gerade ein Kennzeichen des Tourismus in der Postmoderne, mit Zitaten zu spielen. Realitäten und Fiktionen werden beliebig miteinander kombiniert. Seehotel ohne See? Geschenkt- wäre er da gewesen, man hätte ihn sich doch eh viel schöner vorgestellt, oder idyllischer. Im Katalog sah das Picknick am See auch viel romantischer aus, und das Wetter war besser. Die Wirklichkeit ist eben unvollkommener als jede touristische Imagination. Für die Tourismustheorie steht fest:
"Die Aura der einen Lokalität wird durch die Beschwörung anderer touristischer Attraktionen verstärkt, etwa wenn Hotels am Mittelmeer "Miami", "Hawaii" oder "Acapulco" heißen und amerikanische Destinatinen alpine Gemütlichkeit, Oktoberfestlichkeit oder französischen Stil zitieren." (Heinz-Günter Vester)
In Brandenburg übrigens wird derzeit die ehemalige Braunkohlegrube geflutet und eine riesige Seeenlandschaft ist im Enstehen. In 10 Jahren ist das Seehotel dann ein Hotel am See. Schade eigentlich.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

nofreteten 16

Der Protagonist der Rückgabevorderungen von der Büste der Nofretete an Ägypten ist der Chef der ägyptischen Antikenbehörde, Zahi Hawass.
Ziemlich putzig finde ich, dass Hawass, der dem Magazin DER SPIEGEL schon mitteilte: "This time I mean it very seriously" in seinem Internetauftritt auf den Spiegel-Artikel verweist und zusätzlich seinen Leserinnen und Lesern einen Kartenausschnitt von googlemap anbietet. Die "Location" ist Berlin- sollte es also nichts werden mit der Rückgabe seitens der deutschen Behörden, wissen die Sympathisantinnen und Sympathisanten von Hawass ja jetzt schonmal, wo sie hinreisen müssen....