Freitag, 29. Juni 2012

nofreteten 52

Der britische Guardian hat Nofretete als erste Spielerfrau der Geschichte identifiziert. Ganz nette Idee eigentlich. Und auch so eine schöne Geschichte der Erfindung des Fußballs.

Donnerstag, 28. Juni 2012

Reisejournalismus

"Bleibe sechs Wochen in einem Land, und du wirst unbeschwerten Gemüts ein Buch darüber schreiben. Bleibe sechs Monate, und du wirst mit Mühe ein paar Artikel fertigbringen. Wenn du sechs Jahr bleibst, dann schweigst du dich aus..." (Annemarie Schwarzenbach, Die Reise nach Afghanistan, 1939/40, S. 54)

Mittwoch, 27. Juni 2012

Meinten Sie Gleichberechtigung?

Warum eigentlich merken Schülerinnen und Schüler nicht, dass es im Schwimmunterricht um Gleichberechtigung geht?
Warum erwähnen Fortbildungen für Schwimmlehrerinnen und -lehrer das Wort "Gleichberechtigung" nicht mit einem Wort, sprechen statt dessen von so abstrakten und fernen Begriffen wie "Erlebniswelt Wasser", von Bewegungserfahrung, Wassergewöhnung und Wasserbewältigung?
Warum wird unter Schwimmen allgemein immer nur ein Prozess verstanden, der das Nicht-Untergehen eines Körpers in einer Flüssigkeit und die Fortbewegung von Lebewesen im Wasser bezeichnet?
Warum antwortet mein superschlauer Computer nicht "Meinten Sie Gleichberechtigung?", wenn ich das Wort Schwimmunterricht eingebe?
Warum sind die Internetforen voll mit Erlebnisberichten von Schülerinnen, die berichten, wie der Lehrer  plötzlich in der Umkleide steht?
Warum werden Praxismodule "Rückenschwimmen – dieWahrnehmungsfähigkeit verbessern,
Bewegungserfahrungen erweitern" genannt, und nicht: "Schwimm dich in die Gleichberechtigung"?

Vielleicht, ja vielleicht geht es im Schwimmunterricht nämlich garnicht um Gleichberechtigung. Vielleicht wollte das Gericht in Bremen, das in diesen Tagen entschieden hat, muslimische Mädchen in Deutschland müssen schwimmen lernen, denn ím Schwimmunterricht geht`s um Gleichberechtigung, einfach nur Kooedukation konsequent verstanden wissen. Kein getrennter Unterricht, das kann Gleichberechtigung sein (phasenweise nach Geschlechtern getrenntes Lernen allerdings auch). Dass aber ausgerechnet das in der Pubertät so problematische Körper-Bilden auch an Orten wie dem Schwimmbad gleichberechtigte Elemente produzieren soll, ist mir, äh, schleierhaft.

Sonntag, 24. Juni 2012

Das Ende der Diversity

Inklusion, Teilhabe aller Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen und Netzaffinität unter Diversity-Gesichtspunkten kann schief gehen. Mein allerliebstes Beispiel liefert der ungarische Premier Janos Ader, der sich momentan zum Gespött der Internetcommunity macht. Das ist nicht der Anfang, sondern das Ende der Diversity, weil deutlich wird, dass den Strategen der konservativen Partei nicht der beeinträchtigte Mensch sondern das Eigene dem Maßstab des Handelns zugrunde liegt.

Samstag, 23. Juni 2012

Boots für Äpfel

Wie romantisch, wenn der Protagonistin dieser Geschichte, Brillenträgerin, Dauersingle und leicht trottelig veranlasst, nennen wir sie Anna oder Berta oder Clara, auf dem Markt die folgende Situation passiert: eben noch am Obststand 20 Äpfel gekauft und nun am Blumenstand den wöchentlichen Strauss Rosen zur Selbstliebe kaufend, kippt die Tasche mit den Äpfeln um, alle Äpfel rollen aus der Tasche... und ein Apfel direkt vor die Füße der einen Liebe des zukünftigen Lebens! Eine Romantikkommödie made in Hollywood, die dank der neuen Taschen des Labels minimum-selected design nun der Vergangenheit angehören werden. Die Sohlentasche macht sich auf den Weg... schön ist sie trotzdem!

Sonntag, 17. Juni 2012

Humanitäre Vasen

Der schwedische Möbelgigant IKEA praktiziert die Humanisierung von Möbeln ja schon seit Jahrzehnten, nun wird die Menschlichkeit der Oberfläche von Materialien noch vergoldet: ein Plaster zur Reparatur von zersprungenen Vasen. Das Schmerzmittel kann ja dann ins Blumenwasser.

Samstag, 16. Juni 2012

SuperMoms gibt es nicht

Die Institution Brigitte hat wieder mal ein neues Frauensegment konstruiert: die "SuperMoms". Damit werden die jungen Mütter als Leserinnen der klassischen Brigitte outgesourced und neu unter Druck gesetzt. Brigitte MOM ist "das Magazin mit starken Nerven", wobei das wohl ein witziger Euphemismus sein soll. Als Leserin dieser Zeitschrift und als Mutter wirst du keine schwachen Nerven mehr haben, hast sie nicht zu haben. Denn du bist schön und schlank, bist ein Organisationstalent, die die eigene Karriere nie aus den Augen verloren hat! Du hast Sex und kannst Kuchen backen, deine Kinder sind gut in der Schule und sozial engagiert. Du hast dein Leben einfach super im Griff und Zeit, jeden Nachmittag mit der Brigitte MOM auf dem Sofa zu sitzen und einen entkoffeinierten Cafe Latte zu trinken. "Ihr seid mein Ein, aber nicht mein Alles", ist ein typischer Satz der neuen MOM-Mütter. "ALLEINERZIEHEND, WIE SCHÖN - Was Single-Moms so sexy macht" ist ein typisches Thema der neuen MOM. Damit schreibt das Magazin vorbei an der Lebenswirklichkeit aller jungen Frauen im 21. Jahrhundert, die nicht wissen, was sie machen sollen, wenn der Kindergarten wieder mal Ferien hat oder das kranke Kind nach Hause schickt. Obwohl - auch bei diesen individuellen Vereinbarkeitsstrategien, die ja durchaus auch politisch gelöst werden könnten und müssten, hat die MOM eine Lösung: sie verlost (das ist jetzt kein Scherz) eine Perle. Die Perle, das ist keine Halskette und auch kein Armreif, sondern eine Haushälterin, die der Supermom unter die Arme greift, damit sie ihre Aufgaben auch wirklich hinbekommt. An dieser Aktion wird dann doch deutlich, dass die Konstruktion der jungen Mutter Probleme in der Realität hat. Und für alle die, die beim Gewinnspiel Perle leer ausgegangen sind, bleibt ja noch das Betreuungsgeld...

Freitag, 15. Juni 2012

die will doch nur spielen...

"Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold", so steht es im GG, Artikel 22, Absatz 2, und nirgendwo sonst als im Fußball spielt die Trikolore so flächendeckend eine viel zu selten diskutierte Rolle mit. Nun steht nicht im Grundgesetz, dass spätestens alle zwei Jahre zu den Fußballmeisterschaften das ganze Land gezwungen ist, schwarz-rot-gold zu tragen und zu fahren. Doch scheint es, als müsse die Ermahnung nationaler Gehorsamkeit nicht explizit im Gesetzestext stehen, denn die Identifikationsangebote wurden längst von der Nahrungsmittel und Kleidungsindustrie, von Kosmetika und Restaurantketten übernommen:
in Deutschland hat die Bundesflagge eine eigentümliche Kraft zurückgewonnen und ist in einem Fußballsommer zu dem vielleicht populärsten Bild der Straßen und Supermärkte geworden.
Schade, dass Olli Kahn und Mehmet Scholz, die beiden so konträren Experten des Öffentlichen Fernsehens, nicht Teil eines Theaterstücks sind, in dem die Flagge diskutiert werden kann. Schade, dass die Flagge kein Spiel ist. Schwarz, rot, gold, das sind Krieg und Blut.
Mir ist es immer wieder ein Rätsel, wie die Flagge sich in das Fußballspiel eingeschlichen hat - nicht hinter dem Rücken der Ordnerinnen und Ordner, sondern vor ihren Augen, in aller Öffentlichkeit, als Zuckerstreusel auf den Deutschlandküssen, als Make up, als Toilettenpapier und als Bettwäsche. Wer zu Produkten in schwarz-rot-goldener Sonderedition kauft, der bekommt die patriotische, nationalistische Identifikation gratis dazu. Wenn Frauen, die sich die Wange schwarz-rot-gold bemalen und Männer, die Armbänder in schwarz-rot-gold tragen darauf hinweisen, dass "sei doch nur ein Spiel", dann hat die Indoktrination erfolgreich funktioniert.
Für mich übrigens ist ein schwarz-rot-goldener Aufkleber eine echte Hilfestellung bei der Nichtkauf-Entscheidung. Die Grüne Jugend hingegen bietet in ihrem Internetshop seit Jahren den Aufkleber "Patriotismus - nein danke" an. Das ist jetzt eine Kaufempfehlung!