Montag, 28. Februar 2011

Die lauwarmen 3

Kann man museal heute über Kaffee und Kakao sprechen, ohne über Kolonialismus zu reden? Ja, man kann, ja, das Historische Museum in Hannover kann. Und tut es, derzeit in der Sonderausstellung: "Die heißen 3. Kaffee, Tee und Kakao in Norddeutschland". Das Museum erklärt, dass der Kaffee um 1700 erstmals "aufgetaucht" sei. Dass die Bohnen allerdings nicht selbstständig gewandert sind, sondern durch Seefahrt und Handel, und wenig später dann durch systematischen Export aus den Kolonien in die "Mutterländer" geführt wurden, wird nicht erklärt, wohl aber in der Logik des Museums vorausgesetzt. Denn bei der Beschreibung der Kaffe"kultur" im 19. Jahrhundert tauchen dann Begriffe wie "exotisch" und "etabliert", bei den Beschreibungen des Ist-Zustands gar eine "galant-erotischen Verführung" auf, und konstatiert wird den Kaffeeprodukten, sie seien"Luxusgüter mit Sex-Appeal". Diese Kombination kolonialer Bilderwelten des Exotischen mit binärgeschlechtlichen Ideen von Aphrodisiakum-Getränken ist, was das Museum auch verspricht: historisch!

Donnerstag, 17. Februar 2011

weil wir alle eine sind

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Depiladora."

Montag, 14. Februar 2011

Ein bisschen Frieden

Das heute-journal unterlegte gestern abend eine Bildershow über die Heldinnen und Helden des Tahrir-Platz in Kairo mit einem Lied von Herbert Grönemeyer. Da war sie auf einmal, die musikalische Konstruktion eines internationalen Traums vom Frieden und einer besseren Welt.
Um mich darauf vorzubereiten, dass ich in den kommenden Tagen in irgendeiner Nachrichtensendung noch die Scorpions mit "Blowing in the Wind" hören muss (und mal eben so mirnichts dirnichts der westliche Musikgeschmack den arabischen Revolutionen auferlegt wird), lege ich mir lieber eine CD von Nancy Ajram ein und tanze wild durch die Wohnung. Der neuste Hit der libanesischen Popsängerin "Wahshany Ya Masr Mout" ist übrigens den Ägypterinnen und Ägyptern gewidmet. Ich vermisse dich, Ägypten. Unendlich!

Sonntag, 13. Februar 2011

Revolution stört Tourismus

Ein Land verjagt seinen Diktator, und dann verjagt noch ein Land seinen Diktator, und die hiesigen Tourismuskonzerne sagen ihre Pauschalreisen bis auf weiteres ab. Dass die internationale Reisebranche sich in nicht-demokratischen Regimen meist wohler fühlt, ist ja leider nichts neues. Viele profitieren von rural geprägten Gesellschaften, in denen dann an den Tourismusmetropolregionen unzählige Arbeitskräfte für wenig Geld die Hotelbetriebe und weitere Infrastrukturen der Branche unterstützen. Die passende politikwissenschaftliche These dazu ist: Tourismus unterstützt Diktaturen.
Ich rate nicht zu Reisen nach Ägypten oder Tunesien, um die internationalen Konzerne zu unterstützen, das nicht. Aber ich rate zu baldigen Reisen nach Ägypten oder Tunesien, gerade weil es um eine Unterstützung der dortigen zivilen Gesellschaften geht. Die Menschen werden viel zu erzählen haben! Wer seine schon geplante Reise nun absagt, der muss sich fragen, ob die Schlagzeile der TAZ (Revolution stört Tourismus) nicht auch sein verdrehtes Weltbild dominiert.. und ob es nicht Zeit ist, umzudenken!

Donnerstag, 10. Februar 2011

Ho-la-hi, Ho-la-ho

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Seefahrer!"

Samstag, 5. Februar 2011

nofreteten 43


Auf dem Cover des "Canadian Arabian Horse Magazine" ein wunderschöner Post-Araber und eine wunderschöne Nofretete, die zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Araberin war - und es nach Meinung der deutschen Bundesregierung heute und in Zukunft auch nicht mehr sein soll. Das Pferd hört auf den Namen "Ra Nefertiti" und hat sogar einen echten Stammbaum. Zwar kenne ich mich in der Pferdezucht so ganz und garnicht aus, aber Schönheit ist auch hier wohl kein Zufall sondern Ergebnis harter Arbeit. Mein momentaner Lieblingsclip auf You Tube ist die Stute Ra Nefertiti zur Musik von Madonna und Justin Timberlake. Etwas Unwichtigeres scheint es diese Tage wirklich nicht zu geben...

Freitag, 4. Februar 2011

Export-Import

Nebenbei heute vormittag Kaffee getrunken (jenes koloniale Heißgetränk) und dabei die aktuelle Nachrichtenlage in Ägypten und der Welt verfolgt. Darin: eine ebenso heiße Meldung, die mich nun nicht mehr loslassen will. Überall lief über die Ticker, die Bundesrepublik Deutschland setze die Rüstungsexporte nach Ägypten aus. Das ist eine gute Sache, ja schon. Aber keinesfalls kann ein Aussetzen als Erfolg gefeiert werden, auch verdient ein Aussetzen kein Lob. Denn es muss nicht nur verwundert gefragt werden, warum erst jetzt - obwohl das Land doch seit 30 Jahren keinen mustergültigen Umgang mit Waffen nachweisen kann.
Das ARD-Magazin konstraste dazu:
"Anstatt die Demokratie zu fördern, wurde Mubaraks Regime von den USA, aber auch Deutschland, systematisch aufgerüstet. Deutschland gehört zu den Hauptlieferanten von Rüstungsgütern und Waffen – nachzulesen im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung. Allein 2009 wurden die Rüstungsexporte im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, auf 77,5 Millionen Euro. So wurde das System stabilisiert, kritisieren Rüstungsexperten."
Vielfach wird kritisiert, dass die Bundesregierung in ihren Rüstungsberichten keinesfalls Transparenz beim Umgang mit den Waffenlieferungen zeige: "(..) die deutschen Ausfuhrgenehmigungen für kleine und leichte Waffen, für Munition und Fertigungsanlagen haben sich in den zurückliegenden Jahren ständig erhöht. Auch 2009 bewegen sie sich gemäß dem UN-Waffenregister auf dem hohen Niveau des Vorjahres. So wurde die Ausfuhr von 34.401 Kleinwaffen genehmigt. Davon gingen 8.363 an Staaten, die nicht der NATO oder der EU angehören bzw. diesen gleichgestellt sind. Wichtigste Abnehmerstaaten waren Saudi-Arabien, wohin 2.500 Sturmgewehre geliefert wurden, Indien, Ägypten, Chile, Serbien, Indonesien und Kuwait. Außerdem wurde der Export von 9.174 leichten Waffen gebilligt", schreibt Gertrud Casel vom The European.

In den Publikationen der Regierung ist für Nicht-Expertinnen und Experten wenig verständlich. Besser sieht es da mit den Publikationen der GKKE aus, der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Gesellschaft. 884 Sturmgewehre an Ägypten.... Sind das nicht 884 Sturmgewehre -auch unter dem Begriff Maschinenpistolen bekannt- zu viel gewesen im Jahr 2010? Denn Staaten wie Ägypten erhalten ja nicht nur aus Deutschland Waffen, und die finale Summe erhaltener Waffen sind unbekannt: Ägypten verweigert eine internationale Transparentmachung seiner Rüstungsimporte.

Doch zurück zum finanziellen Gewinnstreben der deutschen Rüstungslobby (die übrigens laut GKKE immer wieder an offiziellen Auslandsreisen der Ministerien beteiligt ist): Deutsche Firmen profitieren mehr denn je von Waffenexporten. Das bloße "Aussetzen" hilft noch lange nicht.

Donnerstag, 3. Februar 2011

VodaNone!

Nachdem nun bekannt wird, dass Vodafone in Ägypten ihren Mobilfunkteilnehemerinnen und -teilnehmern Kurznachrichten zur Unterstützung des Mubarak-Regimes aufs Handy geschickt hat, sollte alle noch verbliebene Sympathie für diesen Konzern restlos verblasst sein. Ganz offenbar hat Vodafone zahlreiche Propaganda-SMS verschickt (Youth of Egypt, beware rumors and listen to the sound of reason - Egypt is above all so preserve it), um nicht in Trouble mit der Regierung zu kommen.. und um zukünftigen Gewinn im Land am Nil nicht zu riskieren. Das ist feige!
Mein Vorschlag: kündigen, was es zu kündigen gibt!

Mittwoch, 2. Februar 2011

Peinlichst berührt

Es ist schlicht peinlich und beschämend, dass der selbsternannte Westen nicht endlich Partei ergreift und sich klar und deutlich auf die Seite des Volkes und gegen den arabischen Despoten Mubarak stellt! Minutiös werden in zahlreichen Live-Tickern, mittels Radio-, TV- und Internetschaltungen die Ereignisse begleitet.. als ginge es um ein Fußballspiel, in dem jede Minute das entscheidende Tor fallen könne.
Doch dem ist nicht so: hier erhebt sich ein jahrzehnte lang unterdrücktes Volk, erheben sich nachbarschaftliche Völker gegen ihre Oligarchen.. das Chaos und die Gewalt gehen ebenso wenig von den Demonstrierenden aus wie die Plünderungen. Dass es keine Angela Merkel und kein Christian Wulff, kein Guido Westerwelle und auch sonst kein Spitzenpolitiker Deutschlands ist, der klar Farbe bekennt, sondern ein kleiner Regierungssprecher Stefan Seibert, der schließlich den entscheidenden Satz formuliert ("Wir stellen uns auf die Seite der friedlichen Demokratiebewegung"), ist peinlichst peinlich.

VodaNone?

Mehr Informationen und die Möglichkeit zur Teilnahme an der Petition Keep Egypt online:
"We call on you to keep the Egyptian telecommunications networks open. We ask that you stand firm against the Egyptian government and allow the people, and your customers, to communicate freely and openly at this vital time."

Dienstag, 1. Februar 2011

rauf & runter

Kaum wird auf den Straßen von Tunis und Kairo Demokratie im Frühling gelebt, rufen die Tourismuskonzerne ihre Reisenden zurück, stornieren alle Reisen in die Region bis mindestens Mitte Februar und bemühen sich um Alternativdestinationen. Die USA haben nun die Terrorwarnung für einen ganzen Kontinent wieder aufgehoben und damit Kontinentaleuropa wieder auf die Agenda der Reiseagenturen gestellt. Komische Gleichzeitigkeiten...