Sonntag, 18. November 2012

(K)ein Bild

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Germanys next Top Artist."

Sonntag, 23. September 2012

neulich im Zug

Tom und Anna. Boah. Ein Wochenende vorbei. Toms Freund im Zug, am Telefon mit Schwesterherz:
"Tom und Anna! Boah ey! Den Tom, den gibt es garnicht mehr. Es jetzt nur noch beide. Und das heißt, es gibt nur noch Anna. Das geht garnicht!" (...) "Einerseits ist die Anna so kumpelhaft, so mit Bier und so. Und dann wieder ist sie so.. so pink. Weißt du, dann fällt die in den Busch und flennt. Das geht garnicht! Weißt du, dann soll sie lieber nur Mädchen sein."

Samstag, 22. September 2012

Als ich Kind war

Kind: hast du in der Schule gelernt, Türme zu bauen?
ich: Nein, das habe ich dort nicht gelernt.
K: Aber wieso kannst du denn dann Türme bauen?
i: Ich habe als Kind immer mit meinem Vater und meiner Schwester Türme gebaut
K: Zuhause?
i: Ja, zuhause.
K: Und wieso kannst du das dann jetzt?
i: Wenn man es als Kind lernt, dann kann man es später.
K: Als ich Kind war, konnte ich es noch nicht.
i: Und bist du jetzt kein Kind mehr?
K: Im Osten.
i: Im Osten?
K: Ja, im Osten.
i: Was war im Osten?
K: Ich habe im Osten gelernt, Türme zu bauen.
i: Ja?
K: Und im Süden.
i: Im Süden?
K: Wir haben Schneeburgen gebaut.

Freitag, 17. August 2012

..your hands

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Claqueurin."

Donnerstag, 16. August 2012

Stolz, sexy, verweigernd

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Hymnenverweigerer."

Sonntag, 5. August 2012

Ei bin ich müde

Die Werbeindustrie war mal echt revolutionär, sie war innovativ und eine Vordenkerin. Die preisgekrönte und endlich auch von ARTE und ZDF neo entdeckte US-amerikanische Serie Mad Man gibt einen Einblick in den Geist von Erneuerung und den Spaß am Neuen inmitten des kapitalistischen Budgetdrucks.
Heute lache ich noch ab und zu über Werbespots von Bier und Brause, aber meist bin ich gelangweilt und angeödet. Die hiesige Spielzeugindustrie ist ein Beispiel für den ermüdenden und komatösen Umgang mit ihrer Käuferschaft. Schon seit Jahrzehnten überholte Bilder der Vergesellschaftung und Vergeschlechtlichung werden immer und immer wieder aufs Neue und Allerneuste reproduziert. Daniela Zinser hat es da in der taz ganz gut getroffen:
 "Manchmal fällt einem gar nichts mehr ein. Außer ein wenig beredtes „Geht’s noch?“. Fassungslos guckt man zu, wie einer die Uhr auf 1965 zurückstellt und dabei noch alles rosa malt (...) Die Ferrero-Produktentwickler wurden offenbar so lange in der Spielwarenabteilung eines großen Kaufhauses eingesperrt, bis sie überall nur noch Prinzessin Lillifee sahen. Und Rosa. Diese Bewusstseinserweiterung kombinierten sie mit Altbewährtem und herausgekommen ist Spiel, Spaß und Sexismus: das neue Überraschungsei, „nur für Mädchen“.
Ich spreche an dieser Stelle nicht von Feminismus - nicht von Vorbildern und nicht Vordenkerinnen. Ich erwarte von Ferrero keine Innovation und keine Überraschungen. Ihr seid mir egal. Aber eins wünsche ich mir dann doch: ödet mich nicht so an, ihr langweiligen Nachmacher!


Freitag, 27. Juli 2012

Mein Browser spricht mit mir

"Passe Firefox mit deiner Nationalflagge an und feiere den weltweiten Gemeinschaftsgeist." Äh, nein.

Freitag, 29. Juni 2012

nofreteten 52

Der britische Guardian hat Nofretete als erste Spielerfrau der Geschichte identifiziert. Ganz nette Idee eigentlich. Und auch so eine schöne Geschichte der Erfindung des Fußballs.

Donnerstag, 28. Juni 2012

Reisejournalismus

"Bleibe sechs Wochen in einem Land, und du wirst unbeschwerten Gemüts ein Buch darüber schreiben. Bleibe sechs Monate, und du wirst mit Mühe ein paar Artikel fertigbringen. Wenn du sechs Jahr bleibst, dann schweigst du dich aus..." (Annemarie Schwarzenbach, Die Reise nach Afghanistan, 1939/40, S. 54)

Mittwoch, 27. Juni 2012

Meinten Sie Gleichberechtigung?

Warum eigentlich merken Schülerinnen und Schüler nicht, dass es im Schwimmunterricht um Gleichberechtigung geht?
Warum erwähnen Fortbildungen für Schwimmlehrerinnen und -lehrer das Wort "Gleichberechtigung" nicht mit einem Wort, sprechen statt dessen von so abstrakten und fernen Begriffen wie "Erlebniswelt Wasser", von Bewegungserfahrung, Wassergewöhnung und Wasserbewältigung?
Warum wird unter Schwimmen allgemein immer nur ein Prozess verstanden, der das Nicht-Untergehen eines Körpers in einer Flüssigkeit und die Fortbewegung von Lebewesen im Wasser bezeichnet?
Warum antwortet mein superschlauer Computer nicht "Meinten Sie Gleichberechtigung?", wenn ich das Wort Schwimmunterricht eingebe?
Warum sind die Internetforen voll mit Erlebnisberichten von Schülerinnen, die berichten, wie der Lehrer  plötzlich in der Umkleide steht?
Warum werden Praxismodule "Rückenschwimmen – dieWahrnehmungsfähigkeit verbessern,
Bewegungserfahrungen erweitern" genannt, und nicht: "Schwimm dich in die Gleichberechtigung"?

Vielleicht, ja vielleicht geht es im Schwimmunterricht nämlich garnicht um Gleichberechtigung. Vielleicht wollte das Gericht in Bremen, das in diesen Tagen entschieden hat, muslimische Mädchen in Deutschland müssen schwimmen lernen, denn ím Schwimmunterricht geht`s um Gleichberechtigung, einfach nur Kooedukation konsequent verstanden wissen. Kein getrennter Unterricht, das kann Gleichberechtigung sein (phasenweise nach Geschlechtern getrenntes Lernen allerdings auch). Dass aber ausgerechnet das in der Pubertät so problematische Körper-Bilden auch an Orten wie dem Schwimmbad gleichberechtigte Elemente produzieren soll, ist mir, äh, schleierhaft.

Sonntag, 24. Juni 2012

Das Ende der Diversity

Inklusion, Teilhabe aller Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen und Netzaffinität unter Diversity-Gesichtspunkten kann schief gehen. Mein allerliebstes Beispiel liefert der ungarische Premier Janos Ader, der sich momentan zum Gespött der Internetcommunity macht. Das ist nicht der Anfang, sondern das Ende der Diversity, weil deutlich wird, dass den Strategen der konservativen Partei nicht der beeinträchtigte Mensch sondern das Eigene dem Maßstab des Handelns zugrunde liegt.

Samstag, 23. Juni 2012

Boots für Äpfel

Wie romantisch, wenn der Protagonistin dieser Geschichte, Brillenträgerin, Dauersingle und leicht trottelig veranlasst, nennen wir sie Anna oder Berta oder Clara, auf dem Markt die folgende Situation passiert: eben noch am Obststand 20 Äpfel gekauft und nun am Blumenstand den wöchentlichen Strauss Rosen zur Selbstliebe kaufend, kippt die Tasche mit den Äpfeln um, alle Äpfel rollen aus der Tasche... und ein Apfel direkt vor die Füße der einen Liebe des zukünftigen Lebens! Eine Romantikkommödie made in Hollywood, die dank der neuen Taschen des Labels minimum-selected design nun der Vergangenheit angehören werden. Die Sohlentasche macht sich auf den Weg... schön ist sie trotzdem!

Sonntag, 17. Juni 2012

Humanitäre Vasen

Der schwedische Möbelgigant IKEA praktiziert die Humanisierung von Möbeln ja schon seit Jahrzehnten, nun wird die Menschlichkeit der Oberfläche von Materialien noch vergoldet: ein Plaster zur Reparatur von zersprungenen Vasen. Das Schmerzmittel kann ja dann ins Blumenwasser.

Samstag, 16. Juni 2012

SuperMoms gibt es nicht

Die Institution Brigitte hat wieder mal ein neues Frauensegment konstruiert: die "SuperMoms". Damit werden die jungen Mütter als Leserinnen der klassischen Brigitte outgesourced und neu unter Druck gesetzt. Brigitte MOM ist "das Magazin mit starken Nerven", wobei das wohl ein witziger Euphemismus sein soll. Als Leserin dieser Zeitschrift und als Mutter wirst du keine schwachen Nerven mehr haben, hast sie nicht zu haben. Denn du bist schön und schlank, bist ein Organisationstalent, die die eigene Karriere nie aus den Augen verloren hat! Du hast Sex und kannst Kuchen backen, deine Kinder sind gut in der Schule und sozial engagiert. Du hast dein Leben einfach super im Griff und Zeit, jeden Nachmittag mit der Brigitte MOM auf dem Sofa zu sitzen und einen entkoffeinierten Cafe Latte zu trinken. "Ihr seid mein Ein, aber nicht mein Alles", ist ein typischer Satz der neuen MOM-Mütter. "ALLEINERZIEHEND, WIE SCHÖN - Was Single-Moms so sexy macht" ist ein typisches Thema der neuen MOM. Damit schreibt das Magazin vorbei an der Lebenswirklichkeit aller jungen Frauen im 21. Jahrhundert, die nicht wissen, was sie machen sollen, wenn der Kindergarten wieder mal Ferien hat oder das kranke Kind nach Hause schickt. Obwohl - auch bei diesen individuellen Vereinbarkeitsstrategien, die ja durchaus auch politisch gelöst werden könnten und müssten, hat die MOM eine Lösung: sie verlost (das ist jetzt kein Scherz) eine Perle. Die Perle, das ist keine Halskette und auch kein Armreif, sondern eine Haushälterin, die der Supermom unter die Arme greift, damit sie ihre Aufgaben auch wirklich hinbekommt. An dieser Aktion wird dann doch deutlich, dass die Konstruktion der jungen Mutter Probleme in der Realität hat. Und für alle die, die beim Gewinnspiel Perle leer ausgegangen sind, bleibt ja noch das Betreuungsgeld...

Freitag, 15. Juni 2012

die will doch nur spielen...

"Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold", so steht es im GG, Artikel 22, Absatz 2, und nirgendwo sonst als im Fußball spielt die Trikolore so flächendeckend eine viel zu selten diskutierte Rolle mit. Nun steht nicht im Grundgesetz, dass spätestens alle zwei Jahre zu den Fußballmeisterschaften das ganze Land gezwungen ist, schwarz-rot-gold zu tragen und zu fahren. Doch scheint es, als müsse die Ermahnung nationaler Gehorsamkeit nicht explizit im Gesetzestext stehen, denn die Identifikationsangebote wurden längst von der Nahrungsmittel und Kleidungsindustrie, von Kosmetika und Restaurantketten übernommen:
in Deutschland hat die Bundesflagge eine eigentümliche Kraft zurückgewonnen und ist in einem Fußballsommer zu dem vielleicht populärsten Bild der Straßen und Supermärkte geworden.
Schade, dass Olli Kahn und Mehmet Scholz, die beiden so konträren Experten des Öffentlichen Fernsehens, nicht Teil eines Theaterstücks sind, in dem die Flagge diskutiert werden kann. Schade, dass die Flagge kein Spiel ist. Schwarz, rot, gold, das sind Krieg und Blut.
Mir ist es immer wieder ein Rätsel, wie die Flagge sich in das Fußballspiel eingeschlichen hat - nicht hinter dem Rücken der Ordnerinnen und Ordner, sondern vor ihren Augen, in aller Öffentlichkeit, als Zuckerstreusel auf den Deutschlandküssen, als Make up, als Toilettenpapier und als Bettwäsche. Wer zu Produkten in schwarz-rot-goldener Sonderedition kauft, der bekommt die patriotische, nationalistische Identifikation gratis dazu. Wenn Frauen, die sich die Wange schwarz-rot-gold bemalen und Männer, die Armbänder in schwarz-rot-gold tragen darauf hinweisen, dass "sei doch nur ein Spiel", dann hat die Indoktrination erfolgreich funktioniert.
Für mich übrigens ist ein schwarz-rot-goldener Aufkleber eine echte Hilfestellung bei der Nichtkauf-Entscheidung. Die Grüne Jugend hingegen bietet in ihrem Internetshop seit Jahren den Aufkleber "Patriotismus - nein danke" an. Das ist jetzt eine Kaufempfehlung!

Samstag, 19. Mai 2012

bin beschäftigt

Immer wieder werde ich angesprochen, wann ich wieder mal was bloggen würde. Die Wahrheit ist: ich komme momentan so selten dazu, weil ich anderweitig beschäftigt bin.

Freitag, 18. Mai 2012

same same but different

Im Jahr 2010 sind mehr Menschen von Deutschland in die Türkei eingewandert als Menschen aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind. Das war auch so im Jahr 2009. Und im Jahr 2008.

Donnerstag, 17. Mai 2012

Fotofix

Das ist schon ein komischer Kunstbetrieb, in dem man Listen schreiben könnte über Spielfilme, in denen Passbildautomaten eine Rolle spielen.

Sonntag, 25. März 2012

Beschissen!


Manchmal muss man die Dinge einfach beim Namen nennen. Ein elaborierter Sprachcode ist fantastisch, aber wenn er dazu führt, dass Machtpraktiken und Ungerechtigkeiten verschleiert statt entschleiert werden, so ist niemandem geholfen. Wenn ich einen Preis verleihen dürfte an eine Publikation, die die Dinge beim Namen nennt, so wäre das der "Beschiss-Atlas" von Kuschel und Scheub. Wirklich ganz toll!

Montag, 19. März 2012

rosa genoppte dänische Acrylnitrilbutadienstyrol - Spritzlinge

Sie sind schwach geworden, die Macher von LEGO, und bieten nun auch Produkte für das, tja, schwache Geschlecht an. Nicht anders ist die neue Produktlinie des dänischen Unternehmens zu interpretieren, als ein "Rückfall in völlig veraltete Klischees". Der Aufschrei der Erziehungswelt ("ein emanzipatorischer Albtraum") wird in Billund, Dänemark, nicht zu hören sein.
Weil es keine Prädisposition, ich wiederhole: KEINE Prädisposition für die Mädchenliebe zur Farbe rosa gibt, können wir und bei Konzernen wie LEGO bedanken, dass Mädchen auch im 21. Jahrhundert noch Steine in den Weg gelegt werden auf dem Weg zur Pilotin, zur Nobelpreisträgerin, zur Professorin. Lego-Steine, damit beginnt der steinige Weg!

Freitag, 16. März 2012

Eintracht auf dem Omnibus

Neulich in Braunschweig: die Stadt übt sich in Eintracht. Auf den Straßenbahnen und in den Zeitungen, an Werbesäulen: Wir sind Eintracht. Nur schwer ist vorstellbar, dass es nicht die Stadt, sondern der dort ansässige Turn- und Sportverein Eintracht von 1895 e. V. ist, der für das einträchtige Marketing verantwortlich sein soll. Die Trennung zwischen Kommune und Verein ist auch deswegen so unscharf, weil von beiden Seiten Gebrauch gemacht wird vom Löwen-Wappen. Braunschweig, die Löwenstadt, und der Verein bedienen sich dem Motiv Heinrich des Löwen. Seit dem 12. Jahrhundert durchgängig benutzt, sind Tradition und Stärke die Elemente, die der Selbstkonstruktion Braunschweigs am Liebsten sind. Sehr modern ist das nicht.
Wir sind Eintracht imaginiert einen künstlichen Zusammenhalt, aber auch eine enorme Homogenisierung. Wir sind eins. Heterogenität und Diversität, all die Vielfalt, die das Leben in einer Großtstadt im 21. Jahrhundert prägen, haben in der Eintracht keinen Platz.
Jetzt hat der Verein sein Wappen erneuert - oder eraltert, wie es wohl treffender wäre, und kehrt zu den so geliebten traditionellen Werten zurück. Auch hier ist der Löwe wieder zentral tragendes Element. Bleibt zu wünschen, dass die Menschen in Braunschweig laut und bunt und vielfältig ihre Kultur leben. Leicht wird das nicht, bei der Omnipräsenz der Eintracht auf den Omnibussen.

Dienstag, 13. März 2012

Mama von Anna Sophia

Ein Trend, der aus den anglizistisch geprägten Ländern mit panikartiger Erziehungskultur nun auch nach Deutschland schwappt: die Familienkärtchen. Jedes Kind kann nun mit einer ID in liebevoll gestalteter Papierkultur ausgestattet werden, auf dem über das Kind gesprochen werden kann. Familienkärtchen sprechen von Erwachsenem zu Erwachsenem.
"Mit dem Familienkärtchen wissen die Kindergärtnerin oder die Eltern von Schulfreunden immer sofort, unter welcher Nummer Sie erreichbar sind oder ob Ihr Kind vielleicht eine Allergie hat. Außerdem können Sie mitteilen, was ihr Kind am liebsten isst oder ob es ein Kuscheltier hat." (dm)
Es ist aber nicht so, als wenn die bunten Kärtchen über alles sprechen würden: das Kind wird zum Objekt, das Subjekt Eltern verschwindet ganz. Die "Mama von Anna Sophia" oder die "Mama von Bettina" scheinen Angst vor der Sprachlosigkeit ihrer eigenen Kinder zu haben.

Freitag, 9. März 2012

nofreteten 51

Es ist ja ansich eine schöne Sache, dass Menschen auf der Straße nach ihrer Meinung gefragt werden und diese dann von Zeitungen publiziert wird. Die Stimme des Volkes, olé! Doch wenn dabei sowas raus kommt wie "Nofretete gehört zu uns wie Curry auf Wurst", dann sehe ich da keinen meinungsbildenden Mehrwert. Und einen journalistischen schon garnicht.

Donnerstag, 8. März 2012

IWD 2012

Warum feiert die Bundesrepublik Deutschland am 8. März , dem Internationalen Frauentag, einen großen Zapfenstreich in der Tradition des maskulinen, preußischen Militarismus???

Dienstag, 6. März 2012

nofreteten 50

Bei all den makellosen Ikonografien, den Schönheiten und Unglaublichkeiten, mit denen die Nofretete seit Jahrzehnten in Kunst und Alltag wieder und wieder produziert wird, tut die Nofretete der Künstlerin Anni Jung richtig gut. Die in Meißen werkende Bildhauerin und Malerin Jung hat eine so eindrucksvolle Königin geschaffen, dass ich vorschlagen würde, diese neben der Büste in Berlin als einen Gegen-Spiegel auszustellen.

Samstag, 3. März 2012

zur Semiotik der Jeans

Früher hießen unsere Jeans Levi`s und Diesel. Getragen haben wir dazu einige Jahre Chucks, und dann einige Jahre Doc Martens. Und gehört haben wir Bad Religion. Heute heißen die Jeans True Religion. Wo da Widerstandspotential einer Jugendsubkultur erkennbar sein soll, ist mir schleierhaft.

Donnerstag, 1. März 2012

handscharf

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Artisanal Pencil Sharpener!"

Mittwoch, 29. Februar 2012

Fortschritt und Stillstand

In einem früheren Beitrag habe ich die Hoffnung gehegt, nie wieder das Wort Fräulein schreiben zu müssen. Während in Frankreich nun die Mademoiselle aus offiziellen Texten und Formularen der Behörden gestrichen wurde, muss an anderer Stelle, das Internet ausdrücklich eingeschlossen, noch gekämpft werden. Eine bewusste Umdeutung ehemals diskriminierender Begriffe durch Kunst und Kultur finde ich durchaus eine tolle Sache; aber jede Frau, die beruflich mal die Erfahrung gemacht hat, von einem männlichen Kollegen oder Chef mal mit "Fräulein" angesprochen zu werden, wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn sich die Subkulturen andere Begriffe suchen, die sie neu und positiv besetzen können.

Dienstag, 7. Februar 2012

nofreteten 49

Barbie ist Mona Lisa ist Nofretete ist Marilyn Monroe ist die Venus von Milo.

Samstag, 4. Februar 2012

Male to Male

Kabel gekauft.
Male to Male stand auf der Packung.
Male.
to.
Male.
Die Analogie lag mir auf der Hand.
Male ist aktiv.
Male ist einführend.
Mein Kabel ist sexualisierend.
Mein Kabel ist heterosexuell.
Das ist schon eine arme Welt, dass sie keine anderen Analogien vorzuweisen hat, als immer wieder dieses Male und dieses Female.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Made-Islam in Germany

Berührende Bilder sind eingesendet worden beim zenith-Fotopreis "Islam in Deutschland". Selbstverständliche religiöse Pluralität in Urbanität und Zuhause.

Dienstag, 31. Januar 2012

Es ist Zeit in Äthiopien


Die Afrikanische Union hat in Addis Abeba ihr neues Haus gebaut. Bezahlt hat China. Aber so einfach ist es nicht; natürlich ist China nicht Europa in Sachen Menschenrechte und Demokratie, aber der neue Hauptsitz der AU ist ein selbstbewusstes Zeichen afrikanischer, nicht chinesischer Stärke. Nicht umsonst und nicht nur zufällig ist Äthiopien als Zentrum gewählt worden; nicht geografisch und nicht kulturell liegt es im Zentrum des Kontinents oder der Union - aber Äthiopien ist eine Gesellschaft, in der auch heute noch ein Hauch davon zu spüren ist, was passiert wäre, wenn es den europäischen Kolonialismus nicht gegeben hätte.
Konzeptionen von Raum, von Zeit, haben indigene Vorstellungen bewahrt; in Äthiopien wird noch heute eine andere Zeit gerechnet. Der Tag beginnt bei Sonnenaufgang mit der Stunde null. Viel logischer als im Rest der Welt, der bei Sonnenaufgang bereits 6 Stunden zählt. In Äthiopien wird jede Stunde Sonne gezählt, 12 Stunden lang, bis abends wieder mit der Stunde null die Nachtzählung beginnt. Also: Neun Uhr morgens im Rest der Welt: 3 Uhr in Äthiopien. 14 Uhr im Rest der Welt: 8 Uhr in Äthiopien. 22 Uhr im Rest der Welt: 4 Uhr in Äthiopien. Mit dem neuen Hauptquartier der AU in Addis Abeba ist auch diese nicht-westliche Idee von Zeit wieder sichtbarer geworden, ganz sicher. Jede Konferenzteilnehmerin und jeder Konferenzteilnehmer, der von seinem Hotel ein Taxi bestellt, sollte dem Taxifahrer die rechte Zeit mitteilen. Und die ist anders als im Rest der Welt.

Sonntag, 29. Januar 2012

nofreteten 48

Ach, wunderbare Welt der Akademien. Da kommen dreizehn Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler nach Berlin, um zu "forschen und zu leben", und der Ehrenpräsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung empfiehlt erstmal einen Besuch der Nofretete... postmoderne Wissenschaft scheint sich immer noch und immer wieder imperial rückversichern zu müssen.

Samstag, 28. Januar 2012

Pinus Pumila oder Ginkgo biloba

"Und, was möchtest du mal werden, wenn du groß bist?" "Baummaklerin."

Dienstag, 24. Januar 2012

Drei plus eins

Da spricht ein Mann, der sich nach einigen Jahren Beziehung von seiner Ehefrau getrennt hat, im ersten Interview nach der Trennung von "four incredible kids", die diese Frau ihm geschenkt habe.
Doch diese genetische Ungenauigkeit wird hierzulande nicht akzeptiert - moment, da war doch was? Vier Kinder? Nee, kann ja was nicht stimmen an dieser Selbstkonstruktion des Mannes. Also wird in nahezu jedem Bericht in den deutschen Print- und Onlinemedien die Sache richtig gestellt: "Das Paar hat drei gemeinsame Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren. Heidis Tochter aus einer früheren Beziehung mit Flavio Briatore hatte Seal bald nach deren Geburt adoptiert." Etwas mehr Großgeist würde ich mir wünschen, und nicht so eine als Information getarnte versteckte Genealogie...

Montag, 23. Januar 2012

Schir Jach (Kalte Milch)

Zur Dekonstruktion der eigenen Bilder eignet sich das Bild des Tages aus der SZ ganz hervorragend. Eine Hauptstraße in Kabul, Afghanistan, Schnee hat die Straßen und Dächer bedeckt. Autos, Taxen und Bussen bahnen sich vorsichtig ihren Weg über die weißen Straßen. Männer mit orangfarbener Arbeitskleidung leuchten am Straßenrand, schneeschippend. Hunderte Fahnen der Islamischen Republik Afghanistan geben eine feierliche Stimmung.
Und doch ist Schnee in Kabul nicht so außergewöhnlich. Jedes Jahr schneit es in der Region, der Hindukusch ist schneebedeckt. Sogar in die kulinarische Tradition des Landes hat der kühle Schnee eingang gefunden: "Das traditionelle afghanische Speiseeis Schir Jach (Kalte Milch) wird seit jeher mit Schnee zubereitet. (...) Jedes Jahr im März versteigert die Regierung im Gouverneurspalast von Charikar die Rechte am Schneeverkauf. In diesem Jahr bekam ein örtlicher Unternehmer den Zuschlag. Er zahlte 24 000 Dollar für das Recht, seine Mitarbeiter mit Eimern auf die Gipfel über dem Salang-Pass zu schicken." (FAZ)

Sonntag, 22. Januar 2012

Heidi in gelb

"Leonce und Lena "Emilia Galotti" "Kabale und Liebe", diese Titel verbinde ich nicht nur mit Büchner, Lessing und Schiller, sondern auch mit gelb. Das gelb des Reclam-Heftes. Das gelbe Reclam-Heft stand in meiner Lese- und Bildungsbiografie für nicht dekonstruierbares Wissen schlechthin. "Das Reclam-Heft ist Bestandteil des Bildungsbetriebes in Deutschland." Erst später habe ich erfahren, dass der Verlag seine gelben Bücher selbst als "Universal-Bibliothek" beschreibt, das nationale und internationale, aber immer universale Kulturgut.Nun haben die beiden Grafikdesigner Gregor Weichbrodt und Grischa Stanjek im Rahmen eines Studienprojektes dieses Kulturgut erweitert: um eine transkribierte Folge der Fernsehsendung „Germany’s Next Topmodel". Nie zuvor ist es den Feuilletonistinnen und Feuilletonisten, den Blogerinnen und Blogern gelungen, die Leere hinter dem Akronym GNTM so zu beschreiben, wie es Weichbrodt und Stanjek gelingt. "Das ist der Tag von dem ihr noch euern Enkelkindern erzählen werdet", nennen sie ihr selbst gebasteltes Reclamheft und spielen im Titel, ein Zitat Heidi Klums, nicht nur auf das Vergessen und Fallenlassen von Popsternchen und Models im Show-Business an, sondern auch auf den Bestand und die Dauerhaftigkeit genertionsübergreifender Kultur. Der Text hinter dem Text ist dabei simpel:
"Es ist ein Drama in sechs Aufzügen, eine Geschichte, die fortwährend auf die Klimax hinarbeitet, nämlich das Erscheinen von Lady Gaga „nach der Werbung“, die später im Gespräch mit Klum nicht viel mehr sagen wird als „Yes“, „Hello“ und „Congratulations. (FAZ)"
Für mich ist dieses Projekt eines der Besten der zurückliegenden Monate und der bisher einzig wirklich überzeugende Zugang zu dem Phänomen der Top- und Supermodel-Casting-Shows. Daher wiederhole ich sehr gerne die Empfehlung von Florian Siebeck aus der FAZ: "Der Reclam-Verlag täte gut daran, das Werk zu veröffentlichen."

Samstag, 21. Januar 2012

Wo ist das Pferd?

Die Fußball-Bundesliga ist in die Rückrunde gestartet. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die Winterpause damit zu verbringen, das Pferd zu finden, welches Philipp Lahm geritten hat, als er seine Autobiografie (hohoho) "Der feine Unterschied" genannt hat. Denn der Soziologe Pierre Bourdieu entwirft in seinen feinen Unterschieden ja gerade, wie sich gesellschaftliche Gruppen in einem hierarchischen Verhältnis voneinander abgrenzen. Fußball hat viel mit Abgrenzung zu tun; es ist ebenso sehr klassen- und schichtübergreifendes Ereignis wie es klassen- und schichttrennendes Ereignis ist. Die PolitikwissenschaftlerInnen Kreisky und Spitaler zitieren ebenfalls Bourdieu:
"Der Mann ist auch ein Kind, das den Mann spielt. Daran erinnert uns Pierre Bourdieu in seiner Abhandlung über Die männliche Herrschaft. Weil Männer »dazu erzogen werden, die gesellschaftlichen Spiele anzuerkennen, deren Einsatz irgendeine Form von Herrschaft ist, und weil sie sehr früh schon […] zu Herrschenden bestimmt […] werden, haben sie das zweischneidige Privileg, sich den Spielen um die Herrschaft hinzugeben«."

Ob das Spiel um die Herrschaft über Bundesligatabellen oder Bestsellerlisten gewonnen wird, ist eine Frage für die nächste Winterpause.