Dienstag, 31. Januar 2012

Es ist Zeit in Äthiopien


Die Afrikanische Union hat in Addis Abeba ihr neues Haus gebaut. Bezahlt hat China. Aber so einfach ist es nicht; natürlich ist China nicht Europa in Sachen Menschenrechte und Demokratie, aber der neue Hauptsitz der AU ist ein selbstbewusstes Zeichen afrikanischer, nicht chinesischer Stärke. Nicht umsonst und nicht nur zufällig ist Äthiopien als Zentrum gewählt worden; nicht geografisch und nicht kulturell liegt es im Zentrum des Kontinents oder der Union - aber Äthiopien ist eine Gesellschaft, in der auch heute noch ein Hauch davon zu spüren ist, was passiert wäre, wenn es den europäischen Kolonialismus nicht gegeben hätte.
Konzeptionen von Raum, von Zeit, haben indigene Vorstellungen bewahrt; in Äthiopien wird noch heute eine andere Zeit gerechnet. Der Tag beginnt bei Sonnenaufgang mit der Stunde null. Viel logischer als im Rest der Welt, der bei Sonnenaufgang bereits 6 Stunden zählt. In Äthiopien wird jede Stunde Sonne gezählt, 12 Stunden lang, bis abends wieder mit der Stunde null die Nachtzählung beginnt. Also: Neun Uhr morgens im Rest der Welt: 3 Uhr in Äthiopien. 14 Uhr im Rest der Welt: 8 Uhr in Äthiopien. 22 Uhr im Rest der Welt: 4 Uhr in Äthiopien. Mit dem neuen Hauptquartier der AU in Addis Abeba ist auch diese nicht-westliche Idee von Zeit wieder sichtbarer geworden, ganz sicher. Jede Konferenzteilnehmerin und jeder Konferenzteilnehmer, der von seinem Hotel ein Taxi bestellt, sollte dem Taxifahrer die rechte Zeit mitteilen. Und die ist anders als im Rest der Welt.

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