Samstag, 10. September 2011

Der Pirat-Frau

Bald ist Wahl in Berlin und um die mögliche Schockwelle abzuschwächen, bereiten öffentlich-rechtliche Medien ihre Zielgruppen schon heute darauf vor, dass die Piratenpartei die Wahlsiegerin werden könnte. Umfragen der ARD sehen die Piratenpartei bei 6,5%, das Politbarometer des ZDF bei immerhin 5,5. Mich freut es, wenn unkonventionelle Parteien als engagierte Alternativen zu rot und grün, gelb und schwarz an den Start gehen... aber ausgerechnet die Piraten? Irgendwie beschleicht mich da dann doch das feministische Unbehagen.
Seit Jahren steht die Partei, die sich für Bürgerrechte und Privatsphäre, Datenschutz und Patentwesen einsetzt, in der Kritik, weil weder in Mitgliederstrukturen noch in Landeslisten Frauen maßgeblich repräsentiert sind. Was sollen wir tun? fragen die Piraten, ist ja nicht unsere Schuld, dass es so wenig prominente Frauen gibt bei uns. Der Berliner Spitzenkandidat Andreas Baum -in einem Interview dazu angesprochen- meint: "Bei uns halten sie sich eher im Hintergrund". Von einem "im Hintergrund gehalten werden" weit entfernt, sieht Baun die Ursachen bei den Anderen:
"Aber es wird demnächst eine Veranstaltung nur für die Piratenfrauen geben. Wir haben viele aktive Frauen, sie wollen aber nicht eine zweite Renate Künast werden und an der Spitze der Liste stehen. Darauf haben sie keine Lust."
Mir ist das zu wenig! Mir ist es auch zu wenig, dass die Piratenpartei nur das generische Maskulinum kennt, mir ist es zu wenig, dass die AG Frauen nur stereotypisch weibliche Themen benennt und auch hier wieder die Anderen verantwortlich macht für systematische Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt und im öffentlichen Leben. Mir ist die Erklärung der Partei, man vertrete einen Postgender-Anspruch, der "in der breiten Öffentlichkeit leider häufig missverstanden" werden würde, zu wenig. Die einzig erkennbare Gegenmaßnahme, die ich auf den Seiten der Partei erkennen konnte, ist ein Portfolio, in dem Pirat-Frauen (selten: Piratinnen) schreiben sollen, warum sie Pirat sind. Als Frau. Diese merkwürdige Sichtbarmachung jenseits politischer oder innerparteilicher Machtstrukturen klingt für mich sehr konzept- und strukturlos. Wirklich überheblich dann aber dieses Statement:
"Und auch wenn die meisten von uns sich nicht auf Grund ihres Geschlechtes in den Fokus der Aufmerksamkeit drängen wollen, haben wir lernen müssen, dass die Partei der Öffentlichkeit voraus ist."
Wo bitte ist die Partei der Öffentlichkeit voraus? Da haben der Pirat-Frau wohl etwas deutlich missverstanden...

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